zuhause/musik004 Ursula Döbereiner hinterlässt dem
Betrachter Nachrichten aus einem Gebiet der Pixel und Linien, das sie
präzise absteckt. Was flimmert hinter den Augenlidern nach, wenn man
den Blick abwendet vor der Überzahl der medial vermittelten Bilder?
In ihren seriellen Kugelschreiber- und Computerzeichnungen agiert
Döbereiner an der Schnittstelle zwischen privatem und öffentlichem
Gedächtnis, Innen- und Außensicht, Alltag und Glamour - der
Wahrnehmung und ihren Funktionsweisen immer auf der Spur. Sie nimmt
den Versatzstücken der Popkultur, die ihren installativ
eingerichteten Kosmos bevölkern, ihren Oberflächenglanz und
profiliert sie mit einem Gestus kühler Beiläufigkeit in Umrissen
und Konturen. Was dann von einer Prada-Tasche, den Antihelden der
Nouvelle Vague, von Postermotiven und It-girls bleibt, sind Chiffren,
deren Konstruktionspläne durchschimmern. In dieser künstlerischen Anverwandlung
stehen alle Motive so gänzlich unhierarchisch nebeneinander, dass
Privates und Kollektives ineinander übergeht, das eine unentwegt in
das andere überführt wird. Vorgestanzte Sehnsuchtsbilder von
Schmetterlingen bekommen plötzlich die Intimität einer
traumverlorenen Mädchenwelt, während Alltagsszenen und Porträts
von Freunden ununterscheidbar werden von Filmstills und Popstars.
Die Installation "zuhause/musik003"
rührt dabei an den konzeptuellen Kern ihrer Arbeit, den Fluss der
vorgefundenen Bilder in einen Parallelstrom ihrer zeichnerischen
Konstruktionen einzuspeisen, die oftmals digitalen Ursprungs sind.
Diesem Pool entnimmt Döbereiner ihre Zeichnungen, die sie "remixt"
und als Computerausdrucke wandfüllend in den Ausstellungsraum
tapeziert. Die maßstabsgerecht vergrößerten
Umrisslinienzeichnungen, die der Bildschirmauflösung von 1024 x 768
Pixeln entsprechend im Computer angelegt sind, verwandeln die Tapete
als klassisches Wohnraumelement und reale Einrichtung in eine
Projektionsfläche. Durch die Tilgung alles Narrativen und
Figürlichen in dieser Installation wird der Blick hierbei freigelegt
auf Analogien von Wahrnehmungsprozessen und künstlerischen
Verfahrensweisen, die den sich gegenseitig überlagernden
technisch-elektronischen Motiven im Kabelgewirr zugrunde liegen.
Diese Abwesenheit, eine gleichsam neutralisierte Zone, ist ein höchst
produktives Element, das den "inneren Schirm" (Oswald
Wiener) des Betrachters aktiviert. Mit der grob verpixelten
Low-tech-Ausführung und den perspektivischen Verschiebungen der
Collage konfrontiert, wird der Blick in einen flirrenden Zustand
versetzt, der eine innere wie äußere Bewegung durch die
verräumlichte Imagination der Künstlerin erfordert. Die
Installation wird so auch zu einer Übung für den Ernstfall eines
formalen Sehens, in dem die Metaphorik der Schnittstelle von
zentraler Bedeutung wäre. Wer hinter dem so erzeugten Loop aus
Zeichnung und Installation einen sezierenden Zugriff vermutet, liegt
falsch. Döbereiners Verfahren ist Hommage und Dekonstruktion
zugleich, auch die coole Attitüde ist inszeniert. Sie ist die
Camouflage eines zugeneigten Blicks. Jutta v. Zitzewitz |
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